Samstag Nacht um 4 Uhr fängt es an kritisch zu werden. Da sind die Gäste dann besoffen und bedröhnt. Typisch Nightlife. Schon bei der Bestellung verstehe ich den Gast nicht mehr, weil er schrecklich lallt. Oder er wirft direkt nach Ausgabe das Getränk linkisch um. Viele werden auch ausfallend. Das explodiert richtig, von „was bist Du für ein hübsches Mädchen“ bis „doofe Schlampe“ in drei Sekunden.
Das ist der Moment, wo ich die Türsteher informiere. Ich drücke den stillen Alarm, einen kleinen Knopf unter der Theke, und dann kommt unsere Kampfsport trainierte Security und begleitet den Gast nach draußen.
Ich bin Barkeeperin in München. In einem sehr bekannten und angesagten Nachtclub. Meine Arbeitszeiten sind von 10 Uhr abends bis 9 Uhr früh, Pausen sind nicht geregelt, aber ich gehe ab und zu rauchen oder trinke was mit netten Gästen. Nightlife ist eine schräge, verrückte, turbulente Überholspur und Adrenalin pur. Es ist immer was los. Die unterschiedlichsten Leute und die krassesten Ereignisse verdichten sich im Nachleben zu einem Erlebnis-Cocktail, der süchtig macht. Ich liebe meinen Job.
Dreier werden angebahnt. Zwei beste Freundinnen und irgend ein Typ. Es läuft immer gleich ab. Erst knutscht der Typ mit der einen rum, dann die beiden Mädels miteinander und dann alle zu dritt. Es wird gefummelt und geknutscht und wild gesoffen – meist Champagner – und das ist gut für meinen Umsatz.
Die Stripperin hat ihren Auftritt. Auch hier: immer dasselbe. Erst wird ein Schlangentanz vollführt, dann fliegen die Klamotten und schließlich fällt mit dem Tangaslip das letze Tabu.
Unschön: Neureich oder von Beruf Sohn. Beides Idioten, die glauben, weil sie zwei Flaschen Schampus kaufen, gehört Ihnen der Laden. Die machen sich mit Pfeifen bemerkbar und behandeln Dich wie ein Dienstmädchen. Oder sie schnöseln rum und versperren den Weg zur Bar. Mein Standardspruch geht dann wie folgt: „Ich bin nicht Dein Hund. Aber wenn Du einen Schwanz siehst, dann sag Bescheid!“
Am allerfiestesten ist aber der Geruch, den man seit dem Rauchverbot viel intensiver wahr nimmt. Unglaublich, wie die Leute stinken, besonders im Sommer. Der ganze Club dampft nach Turnhalle. Da hilft nur eines: Deo sprühen!
Trinken? Na klar, ich lasse mich von angenehmen Gästen auch mal einladen, am liebsten sind mir Wodka-Shots oder Jägermeister. Ich bekomme davon nämlich kein Schädelweh. Und wenn ich müde werde, gehe ich tanzen oder zum rauchen. Wenn Du müde wirst, darfst Du Dich auf keinen Fall hinsetzen oder an die frische Luft gehen. Danach ist man nämlich endgültig schlapp.
Drogen spielen bei uns keine große Rolle mehr. Es gibt in München nämlich enge Kooperationen zwischen der Polizei und den Clubs. Besuchen Zwei zusammen die Toilette, fliegen sie raus. Basta. Das hat das Problem extrem entspannt.
Ich habe einen Freund, er ist DJ, aber ich könnte im Dutzend daten. Wenn ich das wollte. Jeder Dritte macht mich an, jeder Fünfte ist sogar akzeptabel. Oft verteilen die Jungs auch scheinheilige Komplimente, um Gratis Drinks zu ergattern. Da bleibe ich hart und kassiere gnadenlos.
Nach meiner Schicht fährt mich mein Freund nachhause, er trinkt keinen Alkohol. Ich gehe dann mit dem Hund Gassi, dusche mich kurz und frühstücke gelegentlich. Die Bettruhe währt aber nicht lange, maximal vier Stunden, dann stehen wir auf und verbringen des Rest des Tages gemütlich. Ich bleibe also in einem „normalen“ Bio-Rythmus.
Wobei…es gibt Nächte, in denen ich auch mal komplett abstürze. Zwei drei Kurze, eine Flasche Champagner, und noch eine, und wenn die Musik Dich dann noch mitreißt, was soll’s?! Wenn ich mal Kinder habe, dann werde ich den Job allerdings aufgeben. Utopisch zu glauben, dass beides, Familie UND Nightlife vereinbar wäre. Aber ich bin erst 28, ich habe ja noch Zeit….
T. H.
Fotoquelle: Instagram