Er sagt:
Die ersten Monate mit Charlie waren der Himmel. Sie war süß, unkompliziert, immer gut drauf – und direkt nach Silvester bei mir eingezogen. Ich versuchte meine Arbeit so ein zu teilen, dass ich jedes Wochenende in München verbringen konnte, was eine echte Herausforderung war. Freitag Abend bis Montag, ganz in der Früh. Am Anfang blieben wir daheim, kochten und kuschelten. Als das Frühjahr kam, kaufte ich uns Fahrräder und wir fuhren an der Isar entlang oder ins Schumann’s, wo man schon draußen sitzen konnte. Gelegentlich trafen wir Freunde von mir oder Geschäftspartner, Charlie durfte immer das Restaurant aussuchen, Käfer, Brenners, Matsuhisa. Charlie machte das alles große Freude. Und da es auch mit dem modeln langsam besser lief, war sie rundum glücklich.
Sie sagt:
Das erste halbe Jahr mit Carsten war unkompliziert. Unter der Woche hatte ich meine Freiheit, traf die Freundinnen, wir gingen aus oder trafen uns bei mir. Frau Jellbeck motzte zwar immer über den Champagner Schwund, aber Carsten war großzügig und bezahlte alles. Nervig waren die Wochenenden, weil er Freitags immer so spät kam. Ich saß rum und wartete und dann hatte er doch noch einen wichtigen Call oder stand im Stau und es wurde 10 Uhr und dann war er müde und wollte nicht mehr ausgehen. Wir kochten dann zusammen, was okay war, aber ich wäre eben gerne noch ein bißchen um die Häuser gezogen. Ich bin 25! Wobei ich auch nicht sooo scharf darauf war, ihn meinen Freunden vor zu stellen. Carsten ist ein toller Mann, aber eben auch schon 38 und manchmal ein kleiner Spießer. Aber alles besser, als mit seinen Geschäftspartnern zum Abendessen zu müssen. Die sind so langweilig. Redeten entweder übers Geschäft oder über ihre Autos, was mich beides nicht interessiert. Einmal wollte ich wollte unbedingt zu der Frühlings-Party meiner Agentur, aber Carsten hatte Geschäftsfreunde eingeladen und zwar über das komplette Wochenende – mit Fußball Karten! Ich war so sauer, dass ich einen Streit anzettelte, der mir den Grund gab, nicht mit zu müssen. Ich schrie ihn an, Du kümmerst Dich nicht um mich, wenn Du überhaupt da bist, triffst Du andere Leute. Ich muss damit einen Nerv getroffen haben, denn Carsten gelobte Besserung und lud mich für das übernächste Wochenende nach Paris ein. Love Trip. Nur wir.
Er sagt:
Es stimmte ja, was sie sagte. Natürlich hätte ich früher ankündigen können, dass ich Geschäftsfreunde mit bringe. Und es stimmte auch, dass wir uns selten sahen. Ich wollte nicht den Fehler von Sabine, meiner Ex begehen, die ich wirklich wegen der Firma vernachlässigt hatte. Ich lud Charlie als Entschuldigung nach Paris ein. Sie hat da schon gemodelt, was mich ziemlich stolz machte. Und sie kannte sich super aus, bestellte das Hotel und die Restaurants. Wir wohnten prachtvoll im Hotel Plaza Athenee auf der Avenue Montaigne, ein traumhaftes Zimmer mit Himmelbett und Blick auf den Eifel Turm. Abends aßen wir im Costes und im Chez Georges, zwei Fashion-Restaurants, wie ich lernte, und tagsüber gingen wir shoppen und ich kaufte ihr eine Tasche bei Chanel sowie Schuhe und ein Cocktailkleid bei Yves Saint Laurent. Es war ein inniges, sorgloses Wochenende, eigentlich das letzte ohne Probleme.
Sie sagt:
Paris war toll, ja. Carsten hatte mir die Reise Organisation übertragen und da buchte ich das beste Hotel und die Top Restaurants, die ich vom Hörensagen kannte. Man stellt sich immer vor, dass Models glamourös leben, übernachten und speisen. Das gilt aber nicht nicht für Mädchen wie mich. Ich modele für Kataloge, nicht für Kampagnen. Außenstehende wie Carsten erkennen da keinen Unterschied. Aber es ist ein Unterschied, vom Image her und auch finanziell. Ich mußte mal für einen Monat nach Paris, hatte dutzende überflüssige, miese, abtörnende und frustrierende Gosees. Am Ende hatte ich nicht mal eine Buchung als Stand-Model bei der Messe. Deshalb genoss ich den Paris Trip mit Carsten besonders, es war meine kleine, geheime Rache an der arroganten Mode-Branche, die mich damals nicht wollte und nun kam ich zurück und ging auch noch shoppen!
Er sagt:
Paris hat das Gegenteil dessen gebracht, was ich mir erhofft hatte. Charlies Laune wurde schlechter und schlechter. Sie zickte rum, nichts passte ihr. Meine Freunde zu langweilig, Frau Jellbeck ein Nazi, ihr Auto zu unsicher – ich hatte ihr einen kleinen Fiat für die Stadt zur Verfügung gestellt, aber sie wollte lieber einen Mini. Und ständig kritisierte sie an mir herum oder versuchte mich zu erziehen. Mal fand sie meine Jeans peinlich, dann meine Frisur und Sex, naja, Schwamm drüber. In der Öffentlichkeit fuhr sie mir über den Mund. Einmal erzählte ich Geschäftsfreunden von unserem Paris-Trip und sprach den Namen des Hotels falsch aus. Ich werde es nie vergessen, wie schrill und höhnisch sie lachte, so verächtlich und ohne Respekt. Ich glaube, da fiel bei mir der Groschen. Aber das Fass zum überlaufen brachte Frau Jellbeck mit einer ungeheueren Mitteilung…
Morgen: Frau Jellbecks Rache und das schlimme, dramatische Ende…
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