Täter/Opfer/Täter/Opfer….wenn die Kollegin unaufhörlich dummes Zeug quatscht
Und Gaby wartet im Park… Kennen Sie den Song von Udo Jürgens? Über eine Geliebte, die auf einer Parkbank harrt, weil der Liebhaber doch bei der Ehefrau bleibt?! Genau so eine unglückliche, sitzengelassene Frau ist meine Kollegin Gabi mit „i“, darauf legt sie Wert. Gabi mit i kann einem eigentlich Leid tun. Eigentlich. Sie ist mittelalt, mitteldick, mittelgroß und sie ist fast immer grau angezogen, auch im Sommer.
Wir teilen uns ein Büro, Rechnungsprüfung, es gibt einen dritten Schreibtisch, da sitzt Frau Weschler, aber nur drei mal pro Woche und auch nur Halbtags. Den Rest der Woche bin ich mit Gabi alleine. Schon morgens geht ihr Gezicke los. Ich will mit Lust in mein geliebtes Salamibrötchen beißen, da schüttelt sie sich angewidert, denn Gabi ist Vegetarierin. Von der belehrenden Sorte.
Also kriege ich wieder einen Vortrag zu hören über Massentierhaltung, die Gesundheitsrisiken von Fleischkonsum, die skrupellose Wurst-Lobby und so weiter. Gabi setzt sich dann kerzengerade hin und schüttelt so lange mit dem Kopf bis, ja, bis der Appetit vergangen ist. Ich weiß, es ist lächerlich, aber ich esse mein Salamibrötchen mittlerweile meist heimlich, damit sie es nicht merkt. Oder ich esse ein Käsebrötchen, weil Gabi, wenn ich heimlich frühstücke, immer nachfragt, was ich gegessen habe.
Auch gehe ich ungern mittags in die Kantine, weil Gabi mir dann folgt und erst recht meine Essgewohnheiten kommentiert. Sie wettert dann nicht nur über Fleisch, sondern auch über Kartoffeln und Nudeln, über fettige Saucen und kalorienbeladene Apfelschorle. Ich hasse das so sehr, dass ich immer öfter durch arbeite und lieber eine halbe Stunde früher Feierabend mache.
Vor allem: ICH bin schlank. Und gesund. Gabi hat Übergewicht und ständig Grippe. Und immer was zu meckern. Alles ist schwierig, negativ und blöd. Die unvollständigen Unterlagen, unser inkompetenter Chef, das Wetter, die Kollegen, Telefon, Internet, alles immer gegen sie. Und ich muss mir das Gejammere anhören. Wie mich das runter zieht. Noch mühsamer wird es allerdings, wenn sie über ihre drei Katzen spricht. Ihre Ersatz Familie. Dann kann ich mir stundenlang in epischer Breite anhören, was die kleinen Süßen so angestellt haben. Es interessiert mich NULL was fremder Leute Katzen machen, schon gar nicht, wenn ich es jeden Tag hören muss. Ich bin 42 Jahre alt, habe Mann, zwei Kinder und einen Hund, aber von denen erzähle ICH nie.
Ohne Gabi wäre unsere Abteilung wesentlich effektiver, weil wir zügiger und definitiv besser gelaunt arbeiten würden. Aber Gabi hält uns mit ihrem Gequatsche davon ab. Sie hat daheim niemanden, mit dem sie reden kann, also lässt sie alles im Büro raus. Bei mir, ich Opfer!
Mit ihr reden? Sagen, was mir missfällt? Habe ich versucht. Dann fängt sie an zu weinen. Oder sie fehlt am nächsten Tag und schiebt die Schuld auf mich, sagt bei der Krankmeldung, man solle MICH fragen, was der Grund sein. Sie stellt sich als Mobbing-Opfer dar. Und sowas hören Kollegen gerne.
Ein Ausweg? Ich habe mich für eine Fortbildung beworben. Wenn die klappt, werde ich danach in eine andere Abteilung versetzt. Dann kann Gabi lange auf mich warten, von mir aus auch im Park.
Nach oben schlafen? Auch eine Option
Katharina, die Matratze – ist ihr Alias-Name bei uns im Werk. Katharina hüpft nämlich gerne mit Kollegen ins Bett. Sie ist Mitte 30, hat pechschwarze Haare und einen gigantischen, nicht zu übersehenden Busen, den sie immer in die engsten Blusen quetscht. Dazu trägt sie viel zu kurze Röcke, so dass den Männern wirklich die Spucke weg bleibt.
Katharina braucht keine überdurchschnittlichen Leistungen zu erbringen. Jedenfalls nicht am Schreibtisch. Sie fängt lieber eine Affäre an. Heimlich, weil die meisten Männer hier verheiratet sind. Aber das stört die Matratze nicht. Sie will Karriere machen. Und das gelingt ihr. Sie hatte was mit dem Bereichsleiter, der hievte sie vom Sekretariat in den Vertrieb. Dann hatte sie was mit dem Personalchef und der hat ihr eine Fortbildung genehmigt.
Und jetzt ist sie am Ziel. Sie vögelt mit dem Chef. Bei der Weihnachtsfeier ging’s los. Das hat jeder mit gekriegt. Wir vom Vertrieb sitzen eigentlich immer beisammen. Aber Katharina platzierte sich separat, erst in die Nähe vom Chef, in Blickweite, und dann direkt neben ihn. Wir haben 450 Mitarbeiter, aber die Matratze setzt sich zum Chef! Und flirtet mit ihm! Es floss reichlich Alkohol und am nächsten Tag erschien sie nicht zur Arbeit.
Ich glaube, dass die sich Mittags treffen. Ihre Pausen werden nämlich immer länger. Und danach sind ihre ondulierten Locken etwas derangiert. Und die Wangenfarbe Rot. Dass die beiden ein Verhältnis haben – geschenkt. Ich mag die Frau vom Chef auch nicht besonders. Aber nächstes Jahr geht unser stellvertretender Vertriebsleiter in Rente und dann fällt die Wahl des Nachfolgers auf mich. Oder eben auf die Matratze.
Was ich tun kann? Klar, überdurchschnittliche Leistungen bringen. Sowieso. Ich könnte aber auch fies werden und der Frau vom Chef was stecken. Dann wäre die Matratze erledigt und mein Problem gleich dazu. Ob ich den Mut dazu aufbringe?
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