Nette Kollegen, ja, das waren wir. Das glaubte ich zumindest. Wir verbrachten die Mittagspausen mit einander, wir besprachen kleinere Probleme – und zweimal im Jahr gingen wir mit der Abteilung zum Pizza essen. Aber es war nicht so, wie ich dachte. Wir waren kein Team. Gabi war mein Feind.
Gabi ist 43, Single und alleinerziehende Mutter eines schwierigen Kindes, Teilzeit beschäftig und wenn es brenzlig wird, arbeitet sie „Homeoffice“. Gabi ist da, wenn es gut läuft, aber wenn es brennt, dann ist sie weg – es sei denn, es handelt sich um die Weihnachtsfeier und männliche Mitglieder der Geschäftsleitung unter Alkohol, dann ist sie Feuer und Flamme und leistet vollen Einsatz, ich sage nur: Stechuhr.
Deshalb hat es Gabi gut bei uns im Büro. Sie besitzt Privilegien, von denen andere nur träumen. Die Möglichkeit zum unbegrenzten Homeoffice ist nur eine von vielen Annehmlichkeiten, die ihr das Berufsleben eigentlich versüßen. Dankbar sollte sie sein. Denn Gabi ist in allem nur Durchschnitt. Sie ist weder besonders hübsch, noch besonders schlau, weder hoch intelligent noch super fleißig. Sie ist eine Mitläuferin. Mittelmaß und Wahn!
Die negative Eigenschaft von Gabi ist, dass sie zündelt. Sie spricht viel und ausschließlich negativ über Kollegen. Und ja, das hört man sich am Anfang gerne an. Ein bißchen Büro-Klatsch., wer mit wem, hast Du schon gehört…. Aber dann steigert sich Gabi regelrecht hinein in ihre Wut. Sie schmiedet Allianzen gegen ihre Opfer, die sich dann hilfesuchend an unseren alten Abteilungsleiter wendeten, ein super Typ, der alle Probleme richtete. Nur: der ist jetzt im Ruhestand.
Gabi und ich arbeiten zusammen an einem spannenden Projekt, sollen die Büro Kommunikation digitalisieren. Da mich die Sache interessiert, arbeitete ich mich mächtig rein. Digital ist die Zukunft und da will ich dabei sein. Gabi riß die Projektleitung zunächst an sich, aber als sie merkte, wieviel Aufwand und Arbeit das ist, buchte sie – typisch – einen Urlaub. Drei Wochen Mallorca. Danach war sie noch eine Woche „krank“.
In dieser Zeit leitete ich das Projekt. Ich hielt Meetings ab, diskutierte mit den Entwicklern, briefte die Kollegen, reportete an den neuen Abteilungsleiter, arbeitete bis tief in die Nacht – und hatte Spaß. Das Projekt Büro Digital machte Fortschritte.
Als Gabi zurückkam, zeigte sie kein Interesse an dem Projekt mehr. Ich arbeitete die Präsentation zu Ende, alles war bereit. Unsere obersten Chefs meldeten sich aus Düsseldorf an und verlangten Rapport.
Da strotzte Gabi plötzlich wieder vor Energie und Ehrgeiz. Sie ließ sich meine Pläne zeigen – und änderte einen wesentlichen Punkt. Wir diskutierten darüber, aber ich gab nach, wollte keinen Stress, denn die Zeit drängte.
Als die Chefs da waren, kam es zum Showdown. Gabi riß das Gespräch an sich und brüstete sich mit meinen Ideen, die sie als ihre verkaufte. Ich war ruhig, sprach wenig, war ja egal. Ich dachte: Hauptsache ein tolles Ergebnis für uns alle. Die Chefs waren angetan.
Doch dann kam der Punkt, den sie verändert hatte, um den es Diskussionen gab. Die Chefs begründeten logisch, warum das so nicht funktionieren konnte, exakt DAS hatte ich ihr prophezeit. Aber statt Einsicht zeigte Gabi ihre hinterhältige Seite und sagte: „Siehst Du, ich habe Dir ja gleicht gesagt, dass Du mal wieder Schmarrn gemacht hast.“
Mal Wieder! Schmarrn! Der Satz war eine Ohrfeige. Aus dem Stand ein Knockout. IHR Fehler – mein Verschulden! Sie hatte mich bei den obersten Chefs zu Unrecht angeschwärzt. Ich war so baff, dass ich keine Worte fand. Paralysiert und stumm verbrachte ich den Rest des Meetings komplett geschockt.
Wie verhält man sich nach so einem schändlichen Angriff? Mir drehten sich die Gedanken im Kopf, ich war leer, sauer, traurig, wütend, aggressiv, hilflos. In der folgenden Nacht konnte nicht richtig schlafen, ich heulte und war am nächsten Morgen gemein zu meiner Familie.
Mein Mann war verständnisvoll, er hörte sich alles an und gab mir den Rat, mit Gabi zu reden. Das kannst Du nicht auf Dir sitzen lassen, meinte er.
Am Montag suchte ich das Gespräch mit Gabi. Lass uns die Mittagspause miteinander verbringen, sagte ich. Normalerweise gehen wir zu fünft in die Pause. Die ganze Abteilung. Aber diesmal gingen die Kollegen ohne mich. Und am Tag drauf auch. Ich stellte Gabi zur Rede: wir müssen sprechen, sagte ich. Das geht nicht, wie Du mich bloß gestellt hast. Aber sie wiegelte ab, Du nimmst das viel zu persönlich, Du bist eine Mimose, meine Güte, hab Dich doch nicht so, und überhaupt.
Und überhaupt ist die Stimmung im Büro gekippt. ICH bin die Aussätzige. Keiner redet mehr mit mir, außer das Nötigste, aber ostentativ eben nicht den verbindlichen Büro Small Talk. Guten Morgen, wie gehts, wie wars gestern beim Tennis und so weiter. Keiner geht mit mir in die Pause, wenn ich die Kollegen frage, haben sie keine Zeit. Laufe ich über den Gang, höre ich es tuscheln hinter meinem Rücken. Und dann gehen die Türen zu. Absichtlich.
Es ist ein schreckliches Gefühl, es ist Mobbing. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren könnte. Ich bin ein fröhlicher, netter Mensch, ich tue keiner Fliege etwas zu Leide. Aber Gabi wetzt ihr Messer gegen mich. Ich weiß auch, was sie sagt. Dass ich sie aus der Projektleitung drängen wollte. Dass ich Fehler mache und sie anderen, nämlich ihr in die Schuhe schiebe. Dass ich heimtückisch bin. Sie beschreibt: SICH SELBST! Und die Kollegen? Die lieben den Verrat. Auch Du Brutus.
Liebe Glamometer Leser, haben SIE so eine Situation schon erlebt? Wie soll sich die junge Frau verhalten? Wie soll sie der hinterhältigen Kollegin begegnen? Wir freuen uns über Anregungen und geben sie weiter.
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