Als Teenager war ich ein fürchterlicher Rassist, ich disste die Jungs aus Schifferstadt – wie alle anderen Mädchen aus Speyer übrigens auch. Die Schifferstädter Jungs waren – aus der Ferne betrachtet – für uns erzogene Städterinnen zu wild und zu bäuerlich, bis…man gemeinsam tanzen, knutschen und heiraten ging. Seit Menschengedenken läuft das so zwischen Schifferstättern und Speyererinnen – doch wer weiß wie lange noch in Zeiten politischer Korrektheit?
Heute gibt es an jeder Schule einen Mobbing-Beauftragten, starten redliche Mütter oder besorgte Bürger eine Facebook-Kampagne und Spiegel, WDR und Süddeutsche Zeitung schicken ihren Recherche-Verbund.
“A new day is on the horizon“, es bricht eine neues Zeitalter an, so schloß Oprah Winfrey ihre bemerkenswerte Rede anlässlich der Golden Globes, bei der tout Hollywood ein schwarzes Abendkleid trug – als Zeichen der Solidarität mit vergewaltigten Frauen.
Ist es mutig, ein wunderschönes schwarzes Abendkleid zu tragen? Auf jeden Fall ist es gut gemeint.
Erinnern Sie sich an die lustige Ice Bucket Challenge? Ein gigantischer Hit auf Social Media, der virale Orkan, der Stars und Sternchen die weltweite Gelegenheit brachte, sich (wieder mal ) ins Gespräch zu bringen. Wissen sie noch um welche Krankheit es damals ging?
#Metoo, die Ice Bucket Challenge oder ein x-beliebiger Avocado Toast – man betrachtet die Posts und reagiert wie ein Pawlowscher Hund: super Sache, logisch, Like! So entsteht eine gefällige, politisch korrekte Schwarm-Meinung, der sich alle anschließen…..
…und die wirkliche Meinung..… Lord Voldemort bei Harry Potter: den Namen darf man nicht aussprechen!
Früher gab es Stammtisch, Kaffeekränzchen und Privatsphäre, man konnte seine Meinung raus hauen, ordentlich ablästern und anständig klatschen. Man konnte die absurdesten Theorien diskutieren und es passierte…nichts! Heute wird man rausgeschmissen, wenn man das Falsche sagt, denn jede Firma hat ihre Company Values. Alles wird gefilmt, gesnappt, gepostet – und inkognito gepetzt! Wer traut sich noch öffentliche seine Meinung zu sagen? Außer in anonymen Hass Mails, die immer häufiger werden?!
Seit dem 1. Januar ist das Netzwerkdurchsuchungsgesetz „NetzDG“ in Kraft getreten. Es soll Hasskommentare unterbinden und Rassismus. Twitter und Facebook sperren jetzt verdächtige Accounts – auch solche mit feiner Ironie, wie das Satire Magazin Titanic gerade erfahren mußte – und sogar der Justizminister persönlich.
Rassismus verbieten, super Sache, nur, dann müßte man auch halb Spotify sperren, denn es gibt keine rassistischeren und sexistischen Texte als die von Rappern und Hip Hoppern („Nigger!“ „Fuck the Bitch!“)
A new day is on the horizon, sagte Oprah Winfrey und weiter: “What I know for sure is that speaking your truth is the most powerful tool we all have“ Das beste, was man machen kann, ist die Meinung zu sagen.
Wir stossen heute, 2018, an die Grenzen der Politischen Korrektheit. Nach einem turbulenten Abend im Freundeskreis mit Grundsatzdiskussionen zum Thema „Equality“ bin ich verwirrt mit meiner Erkenntnis: gut gemeint ist nicht automatisch gut!