Von einer die auszog, um sich neue Laufschuhe zu kaufen

Beitragsfoto: Nike Pegasus 35, die neuen Laufschuhe von Annette Weber

Man darf vom einem Beispiel nicht auf die Allgemeinheit schließen, das weiß ich natürlich genau, und doch…..

…sagt folgendes Erlebnis viel aus. Vor allem über den Handel in Deutschland….

Seit fast 15 Jahren laufe ich täglich 50 Minuten. Religiös bei Wind und Wetter. Davor habe ich Hockey gespielt und ich tanzte Ballett. Ich sage das nicht aus Angeberei, so toll war es auch wieder nicht, aber ich kenne meinen Körper, meine Limits und meine Möglichkeiten wirklich sehr sehr gut und genau.

Meine Laufausrüstung ist relativ unprofessionell, ich benutze meine alten Trainingsanzüge  und kaufe mir nur alle paar Jahre ein paar neue Laufschuhe. Ich weiß, man sollte das öfter machen, aber meine alten Laufschuhe werden erst dann ausgetauscht, wenn sie kaputt sind. Und ersetzt durch Modelle, die mir vor allem optisch gefallen. Was solls, ich habe mit dieser Handhabe gute Erfahrungen gemacht. Ich habe und hatte nie Schmerzen irgendwo und wenn mir mal der Rücken zwickt, liegt es nicht an falschen Laufschuhen, sondern daran, dass ich zu viele Klamotten-Kisten in der Redaktion  geschleppt habe.

So! Und nun kam der Zeitpunkt für neue Sneakers. Ein kleiner Riß an der Seite meiner Nikes wurde zu einem immer größer werdenden Loch, und die Farbe,  einstmals cooles Acidgrün, war auch verblichen.  Also: Laufschuhe kaufen. Und wo gibt’s die besten? Angeblich bei …… (eine Marke, die mit A anfängt, aber NICHT Adidas ist). Sagte ein Kumpel, der auch täglich joggt.

Ich komme von einem Termin in den A…. Laden, bin schick gekleidet. Geföhnte Haare, Selfportrait-Dress, feine High Heels von Aquazzura – Perlen.  Ich sehe aus wie eine elegante Dame. Das bin ich ja auch.

Der Verkäufer ist mittleren Alters, vielleicht in seinen sehr späten 30ern, kräftige Statur, Muskeln im Nacken, „modischer“ Kurzhaarschnitt, ein selbstbewußter Typ – und vom Fach. Als ich ihm den von mir nach optischem Gefallen ausgesuchten Laufschuh zeige und frage, ob der in meiner Größe erhältlich sei, bekomme ich erstmal einen Fragenkatalog zur Beantwortung. Das kommt bestimmt bei vielen Kunden super an. Doch ich habe wenig Zeit, ich will nur schnell einen neuen Laufschuh, ich will kein Examen in Sport-Physiologie ablegen.

Der Verkäufer nimmt mich nicht ernst. Ich kenne das Problem, ich begegne häufig Leuten, die mich falsch einschätzen, weil ich damenhaft oder elegant oder modisch gekleidet bin. Der Verkäufer denkt – vielleicht oder wahrscheinlich – eine Frau, die Riemchensandaletten trägt, ist eine Tussi und keine Sportlerin.

Ich denke: Sei nett, nimm Dir halt die Zeit, wer weiß, vielleicht ändern die neuen Laufschuhe ja wirklich Dein Leben komplett.

Was er mit für Fragen stellt! Ich beantworte sie präzise und freundlich. Er wird ein bissl ungeduldig, weil ich nicht beantworten kann, ob ich auf Asphalt ODER weichem Waldboden jogge, denn ich laufe auf beidem. Das ist meine Strecke, sie ist wunderschön und abwechslungsreich, sie wird auch nicht geändert.

Nach dem Frageprozess zeigt mir der Verkäufer den idealen Laufschuh für mich. Das Problem: er gefällt mir nicht. Er sieht einfach häßlich aus – in MEINEN Augen und „Every Eye Forms It’s Own Beauty“ wußte schon die legendäre Diana Vreeland. Ich zeige ihm einen Laufschuh, der MIR gefällt, der Verkäufer sagt, der ginge gar nicht, da bekäme ich bald Rückenprobleme. Das will ich natürlich nicht riskieren.

Welche kommen denn in Frage, will ich wissen. Er zeigt drei Modelle, eines ist optisch okay (nach MEINEM Dafürhalten) und das möchte ich dann auch anprobieren. Ich habe Größe 39 und extrem schmale Füsse, mir passt machmal sogar 38, aber nicht wegen der Länge, sondern wegen der (geringeren) Breite. Der Schuh, den der Verkäufer hin stellt, hat Größe 40. Ich ziehe ihn an, zu groß stelle ich fest. Das muss so sein sagt der Verkäufer, ihre Zehen brauchen Platz.

Aber sooo viel????  Ich würde den Schuh gerne in meiner eigentlichen Größe anprobieren. Zum Vergleich. Der Verkäufer wird pampig. Hören Sie, sagt er bestimmend und selbstbewußt, Laufschuhe muss man immer eine Nummer größer kaufen. Das weiß MAN doch. Ich frage mich heimlich, warum die Laufschuhhersteller dann nicht gleich die Modelle etwas größer anfertigen, anstatt ihre Kunden in die Irre zu führen, traue mich aber nicht zu widersprechen.

Der Schuh ist zu groß und zu breit. Ich fühle das.  Aber unterdessen ist ein neuer Kunde gekommen, der  von meinem Verkäufer betreut wird,  was bedeutet, dass ich mich nicht traue nach einer Alternative zu fragen. Glauben Sie mir, sagt der Verkäufer, ich bin seit zig Jahren im Geschäft, ich weiß, was Sie brauchen.

Okay, wo ich jetzt schon so viel Zeit investierte habe, ich kaufe den Schuh, vielleicht hat der Verkäufer ja Recht und mein Gefühl trügt. An der Kasse überkommt es mich, ich frage ihn: hätten Sie den Schuh vielleicht doch in 39? Nein, bellt der Verkäufer mürrisch und kopfschüttelnd, ich HABE IHNEN DOCH MEHRMALS GESAGT, dass 39 NICHT Ihre Größe ist,  Sie brauchen eine 40. In 39 ist der Schuh auch nicht auf Lager, aber das ist egal, denn SIE BRAUCHEN ja 40!

Er schreit es fast, ich zucke zusammen, zahle und verschwinde schnell…..

Die Asics Laufschuhe sind mir zu breit und zu groß, ich stolpere ständig, habe ein Scheiß Gefühl, muss mich auf meine Füße konzentrieren, statt mich zu entspannen. Ich ärgere mich, dass dieser Verkäufer mich für Dumm verkauft hat, er hat die Provision, ich sch…. Laufschuhe. Ich probiere es für ca. 2 Wochen, dann gebe ich auf.

Unterdessen laufe ich wieder mit Nikes. Die ultraleichten Zoom Pegasus 35, übrigens genau in meiner Größe, 39. Sie sind für Frauenfüße gemacht, haben einen keines Fußbett (gefühlt) und sind ein super Ausgleich zu meinen High Heels. Hab ich erwähnt, dass sie ziemlich cool aussehen???