5 Uhr morgens vorm Pulverturm, ich saß mit ein paar Kumpels auf der kleinen Mauer, es begann zu dämmern. Das Ende einer warmen und hitzigen Sommernacht, Chillout. Er lief mir direkt in die Arme. Hey, was machst DU denn hier???
Jack! Wir umarmten uns herzlich und freuten uns, mein Herz hüpfte und seines auch, das konnte ich sehen. An Heimgehen war nicht mehr zu denken und so sassen wir ewig auf der Mauer, gingen zum Frühstück ins Bader Café und weiter zum schwimmen in die Isar. Es war, als hätten wir uns nie aus den Augen verloren. Er war Single, ich war frisch getrennt – perfekter konnte der Zeitpunkt nicht sein.
Jack arbeitete zu der Zeit als Barkeeper im Neon 7, das war der Hotspot der reichen Kids – und Jack war der Liebling von allen, vor allem der Frauen. Er wohnte am Pündter Platz in einer Penthousewohnung mit einem begehbaren Kleiderschrank und einem Kühlschrank mit Eiswürfelfunktion – zwei Features seiner Wohnung die mich besonders beeindruckten. Jack hatte Geld und gab es mit vollen Händen aus. Jede Nacht hatte er Damenbesuch, er benutzte die Frauen wie, ja, wie ein Betthupferl, sie bedeuteten ihm nichts, aber er konnte danach gut schlafen.
Wir sahen uns täglich. Morgens frühstückten wir zusammen im Venezia auf der Leopoldstrasse, danach mußte ich zur Uni und er las ausführlich Zeitungen, ging joggen oder schwimmen und wartete, bis ich von der Uni kam und dann führte er mich zum Abendessen in die angesagten Szene-Restaurants. Mittwoch bis Samstag mußte er arbeiten, danach holte ich ihn ab und wir gingen raven und danach mit lustigen Nachteulen noch zur Afterhour in seine Wohnung. Es war ein Leben wie im Märchen.Wir waren jung, frei und lebenslustig. Jack und ich, ein Paar ohne Sex aber mit Liebe. Unsere Verbindung war innig, vertraut und liebevoll. Aber ich wußte, dass irgendwann einer von uns wieder in einen festen Partner haben würde und dann wäre unsere Beziehung….
Ich kann mich doch nicht immer von Dir einladen lassen, sagte ich oft, doch Jack meinte nur: irgendwann kommt die Gelegenheit und dann zahlst Du mir das irgendwie zurück – und so war es auch.
Habe ich bemerkt, was in Jack vor ging? Wenn wir ausgingen trank ich Kirschsaft und später mal ein Bier. Aber Jack hatte schon immer mehr vertragen als andere, sein Pensum war tatsächlich gewaltig. Aber es ging eben allmählich still und leise Richtung Sucht. Rückblickend muss ich sagen, dass ich vielleicht zu lange nur zugeguckt habe. Nichts sagte. Es tolerierte, wenn er total besoffen nur noch lallte oder sich nackt auszog, Und am nächsten Tag konnte er sich an nichts erinnern, nicht an die Beleidigungen, die er ausstieß, nicht an die Rechnungen, die er mal wieder bezahlt hatte – und schon gar nicht an den Namen des Mädchens, dass morgens neben ihm im Bett aufwachte.
Und ich? Ich bügelte seine Eskapaden wieder glatt. Die erste Schlägerei. Blutige Nase, Hausverbot im Lieblingsclub, ich ging persönlich vorsprechen, danach war es wieder okay. Dachte ich. Aber Jack kannte längste keine Grenzen mehr. Und lies sich auch von mir nichts sagen. Lautstarke Eifersuchtsszenen vor seinem Haus, morgens um 6, waren Gang und Gäbe und die Hausverwaltung schrieb eine Abmahung. Und ICH entschuldigte mich dafür, tat so, als sei ich die eifersüchtige Geliebte. Immer öfter kam es zu kleinen Streitereien zwischen Jack und mir.
Und dann kam die Sache mit dem Führerschein. Sie erwischten Jack mit 2,3 Promille morgens um 10 direkt vor seiner Wohnung – er wollte sein Auto kurz umparken, warum auch immer. Ich holte ihn ab vom Präsidium, ein heulendes Elend. So hatte ich Jack noch nie gesehen. Ehr schluchzte wie ein kleines Kind, erbärmlich und traurig, da wußte ich, dass sich etwas grundlegend ändern mußte.
Zum ersten Mal sprach ich es direkt an: Jack, Du trinkst zu viel. Ja, sagte er, das stimmt. Und dann…zog er abends gleich wieder um die Häuser, ich schüttelte nur mit dem Kopf und erwachte, als er mich lallend anrief, ich solle ihn abholen. Er wußte nicht wo wer war, ich verstand ihn kaum, er stand draußen in Obermenzing an einer Tankstelle, stinkend, mit einem blauen Auge und zerrissenen Hosen, ein schlimmer Anblick und er stieg ins Auto und fing an zu pöbeln – statt Danke zu sagen – er wurde lauter und aggressiver und dann schlug er mir fest und ohne Ansage während der Autofahrt mitten ins Gesicht.
Lesen Sie morgen: Jacks Totalabsturz
Fotoquelle: Instagram
Die erste Geschichte, die ich hier regelrecht atemlos gelesen hier. Ich bin sehr gespannt auf Teil 3.
Liebe Elaine, Danke für die netten Worte – für diese traurige Geschichte. Danke fürs Glamometer lesen…. Ihre Annette Weber